Streng und wild, spießig und doch sexy

Author: Judy Smith
(Photo:robe de soirée pas cher)

Die Mailänder Fashion Week gehört seit Jahrzehnten zu den wichtigsten der Branche. Bis Montag präsentierten die bedeutendsten Modedesigner ihre Frühjahrs- und Sommerkollektionen. Und wohin geht die Reise? Bei Emporio Armani zunächst ins Blaue. Der Meister Giorgio Armani hat die ganze Kollektion seiner Lieblingsfarbe gewidmet und sie blue@ genannt. Kornblumenblau steht im Vordergrund, wird aber ergänzt durch Grau und Weiß in vielen Schattierungen, vielfach gestreift. Eine sportive, frische Kollektion, typisch Armani eben. Seine Kollektion ist inspiriert von der vulkanischen Schönheit der sizilianischen Inseln Lipari und Stromboli.

Etwas weiter in die Ferne, nämlich nach Haiti, führte gleich am ersten Tag die Schau von Stella Jean, einer Newcomerin. Mit großem Sinn für Farben, Formen und Proportionen mixt sie Muster und Stile. Für den Sommer 2015 geht sie zu ihren Wurzeln. Die Italienerin mit haitianischen Vorfahren entdeckt das bunte Treiben der Märkte auf der Karibikinsel als Inspiration. Auf ihren Stoffen tummeln sich Esel, Marktfrauen oder auch die Busse, mit denen sie zum Markt gelangen. Basketballshirts mit großen Zahlen kombiniert sie mit farbenfrohen Röcken.

Für Dolce & Gabbana lautet das Motto „Olé". Ihr Blick richtet sich nach Spanien, Carmen ist ihr Modell, mit roten Rosen im Haar, schwarzer Spitze und Flamencoröcken. In der Mode sind Zeitreisen möglich und ein bewährtes Mittel, auf Entdeckungsfahrt zu gehen. Stefano Pilati, ehemals Designer bei Yves Saint Laurent, geht für Agnona sogar zurück bis ins alte Ägypten. Ganz weiß wie die Kleider der alten Ägypter sind viele Teile der Kollektion aus edelstem Seidenkaschmir. Es heißt, der Faltenrock stamme aus Ägypten. Pilati nimmt das zum Anlass, ihn zu interpretieren, und auch der breite Goldschmuck der Pharaonen hat es ihm angetan. Die breiten Schnallen auf den Schuhen zitieren altägyptische Pracht.

Ein Jahrzehnt, das wohl als Füllhorn der Mode gelten darf, sind die 70er Jahre, die in Mailand erneut ein Comeback feiern. Burgunderrot, Senfgelb, müdes Braun, lange Kleider und wadenlange schwingende Röcke fehlen in kaum einer Kollektion. Gucci, Max Mara und Just Cavalli zitieren die 70er ganz explizit, andere dosierter. Die 70er- Jahre stehen für Flower Power, eine gewisse Leichtigkeit, und auch für die Jahre, in denen die italienische Mode ohne Angst vor Krisen optimistisch in die Zukunft sah. Mit Blumenprints auf Regenhüten (rechts unten), wadenlangen schmalen Kleidern und auch den dazugehörigen Stiefeln präsentierte Max Mara einen Total-Blumen-Look, der ein bisschen schwindlig machen könnte, aber durchaus Reiz hat.

Sexy, aber nie explizit

Statt zurück, richten zwei ganz unterschiedliche Labels den Blick nach vorne und treten damit die Reise in die Zukunft an. Versace präsentierte eine Kollektion, die genau so sexy war, wie Versace sein muss, aber nie so explizit, wie manches, was dort in den vergangenen Saisons über den Laufsteg ging. Die kurzen Kleider und Röcke in kräftigen Farben und klaren Silhouetten machen Lust auf Versace. Bei Jil Sander hat im wahrsten Sinne des Wortes ein neuer Designer die Ärmel hochgekrempelt.

Rodolfo Paglialunga ist es mit seiner ersten Kollektion gelungen, Jil Sanders puristischem Minimalismus eine unprätentiöse jugendliche Frische zu geben, ohne die Historie des Hauses zu verleugnen. Hemdblusen, Pullunder, Hosenröcke, Mosaikmuster und immer wieder hochgekrempelte Ärmel für seinen Studentinnenlook zeigen, dass der Name Jil Sander Potenzial hat, sich weiterzuentwickeln.

Was bleibt in Erinnerung von dieser Mailänder Saison, was sind die Trends für den kommenden Sommer? Es sind die mutigen Kombinationen, die kräftigen Farben und die langen Silhouetten: bis zum Knöchel reichende Röcke und Kleider. Schon seit einiger Zeit versucht die Mode, sie an die Frau zu bringen – mit mittelmäßigem Erfolg. Doch die Mailänder Modemacher geben nicht auf.En savoir plus:robe de soirée grande taille